Workshop und Urheberschaft

Written by Tilo Marzotko

Rechtsanwalt & Gast-Autor auf eckgolds-fotoecke.de

10. Februar 2016

Ist der Workshop-Leiter der Miturheber meiner Fotos?

In den vergangenen Jahren habe ich selber vielfach an Workshops teilgenommen. Die im Rahmen einer Fotoschule oder auch sonst angebotene Workshops sind dazu da, uns Wald-und Wiesenfotografen die Möglichkeit zu geben, unsere Fertigkeiten und Fähigkeiten zu verbessern. Angestrebt ist ein Foto, welches in den Fotogalerien der Welt vom jedem Betrachter als „das Foto“ bewertet und betrachtet wird. Kurz gesagt: wir alle wollen das eine Foto!

Zu diesem Zweck besuchen wir meisten irgendwann mehr oder weniger teure oder pädagogisch ausgeprägte Workshops gegen Entgelt. In der Regel sind diese so aufgebaut, oder sollten es jedenfalls sein, dass sich einem theoretischen Teil ein Praktischer anschließt, in dem wir dann unsere Fotos machen. So ist es ja bekanntlich im Bereich der Studio- und Modelfotografie so, egal ob im Bereich von Beauty, Fashion, Portrait oder Akt, das mit zum Workshop ein bestimmtes Model gebucht wird, welches im Rahmen des zuvor theoretisch Erlernten und Erörterten in einem bestimmten von dem Workshop-Leiter voraus geplanten und ausgestatteten Set als dann abgelichtet wird.

Der Workshop-Leiter, dem meistens das Studio ebenso wie die Hintergründe, das Studiolicht, die Blitzköpfe, die Accessoires und alles andere gehört, und der bereits vor unserem Eintreffen zu einem bestimmten Thema des ausgelobten Workshops einige Foto-Sets aufgebaut oder geplant hat, will dem Feld-, Wald- und Wiesenfotografen mit diesen „Voreinstellungen“ gedankliche (geistige) und tatsächliche Arbeit abnehmen, und auch auf die Sprünge helfen.

Letztendlich, jedenfalls in den Anfängen, bestimmt der Workshop-Leiter im Großen und Ganzen das Geschehen. Die Schüler und Teilnehmer brauchen sich nur noch in einer vorher abgestimmten Entfernung zum Model positionieren, welches im jeweiligen Set nach dem Dafürhalten des Workshop-Leiters posiert, und auf dem Auslöser drücken. Licht, Lichtstimmung, Lichtformer, etc. sind durch den Workshop-Leiter meist vorgegeben.

Wenn aber der Schüler nur noch auf den Auslöser drückt, ist er dann tatsächlich Urheber des anschließend entstehenden Fotos ?

Oder ist es vielmehr der Workshop-Leiter, der sämtliche Äußerlichkeiten voraus bestimmt und das Set eingerichtet hat? Oder ist er nur Miturheber oder keines von Beidem?

Um hier Klärung in das Dickicht der Fragen zu bringen, benötigen wir zunächst einen Blick in das Gesetz. Gemäß § 7 UrhG ist der Urheber der Schöpfer eines Werkes. Gemäß § 2 Absatz 1 Nr.5 UrhG sind Lichtbildwerke, einschließlich der Werke die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden, geschützte Werke im Sinne des Urhebergesetzes. Das von mir im Workshop gefertigte Foto würde dem gesetzlichen Urheberschutz unterliegen, wenn ich Urheber bin, und es sich bei dem Foto um ein Lichtbildwerk handelt.

Der Begriff der Lichtbildwerke nach § 2 Absatz 1 Nr.5 UrhG ist, so sind sich Rechtsprechung und Literatur einig, weit auszulegen. Es geht hier um eine persönlich geistige Schöpfung, um den Schutz einer kreativ gedanklichen Leistung (= geistiges Eigentum), die sich in einer bestimmten Schöpfung manifestiert. Dies bedeutet zum einen, dass Lichtbildwerke immer nur durch einen Menschen geschaffen werden können, da andernfalls keine persönliche geistige Schöpfung vorliegt. Zum anderen bedeutet es, dass rein maschinell angefertigte Fotos, wie zum Beispiel die einer Radaranlage, den Urheberschutz nicht unterliegen.

Weiter ist Voraussetzung, dass eine gewisse Originalität und Individualität, eine sogenannte künstlerische Gestaltungshöhe, bei der Aufnahme/Herstellung der Fotos vorliegt. Ob es sich bei den „Machern“ um Profis, Amateure oder Hobbyfotografen handelt, ist dabei egal. Selbst ein Künstler, ein anerkannter Künstler, fertigt nicht immer Lichtbildwerke an. Auch spielen Erfahrung und Alter und Zweck keine wesentliche Rolle.
Da sich der Workshop-Leiter vor dem Workshop und seiner Durchführung schon bei der Organisierung des Workshops Gedanken darüber gemacht hat, was er zum Thema der Veranstaltung machen und wie er dies präsentieren will, wie vor allen Dingen die Schüler und Teilnehmer mit welchen Hilfsmitteln und mit welchem Set und mit welchem Model dies alles umsetzen sollen, würde nach den bisherigen Darlegungen auch der Workshop-Leiter Urheber der späteren Fotos sein. Er bringt seine geistige Leistung mit Gestaltungshöhe ein. Diese manifestiert sich in dem später von dem Teilnehmer gemachten Foto.

Zur Beantwortung der Frage, ob das von dem Teilnehmer gemachte Foto ein geschütztes Lichtbildwerk ist, wird in der Rechtsprechung insbesondere auf die Entscheidung des OLG Hamburg vom 05.11.1998 ( 3 U 175/98), dem Urteil bezüglich der sogenannten „Wagner Familienfotos“, zurück gegriffen. Das OLG Hamburg hat in der seinerzeitigen Entscheidung erstmals definiert, das Lichtbildwerke, um unter dem Urheberschutz zu fallen, eine gewisse persönliche und geistige Schöpfung darstellen müssen, die insbesondere einen Grad an Individualität und Gestaltungshöhe aufzuweisen haben. Sie müssen eine individuelle Betrachtungsweise oder künstlerische Aussage des Fotografen zum Ausdruck bringen, die sie von der lediglich gefälligen Abbildung und somit von anderen Fotografen und Fotos ähnlichen Stils abhebt. Lichtbildwerke zeichnen sich im Allgemeinen dadurch aus, dass sie über gegenständliche Abbildung hinaus eine Stimmung besonders gut einfangen, in eindringlicher Aussagekraft eine Problematik darstellen, dem Betrachter zum Nachdenken anregen.

Hierbei kommt es insbesondere in der Abgrenzungssituation darauf an, dass der Fotograf durch den Einsatz von sogenannten Ausdruckstechniken sein später entstehendes Fotos aus der Masse der anderen Fotos zum gleichen Thema differenziert heraushebt. Zu den Ausdruckstechniken zählen die Wahl des Motives, die Wahl des Bildausschnittes oder der Perspektive, die Verteilung von Licht und Schatten, die Kontrasthebung, die Bildschärfe oder auch die Wahl des richtigen Moments bei der Aufnahme.

Eine solche Fotografie muss sich aus der Masse der alltäglichen Bilder herausheben. Eine reine handwerkliche Abbildung des Fotografierten zählt hierbei nicht zu den Lichtbildwerken.

Auch diese zusätzlichen Merkmale erscheinen im Moment, bei erster Betrachtung, nicht dazu geeignet, dem Workshop-Leiter als Miturheber oder als Urheber auszuschließen. Denn, wie Anfangs festgelegt, hat er die wesentlichen Parameter für die Herstellung des späteren Fotos vorab festgelegt.

  • Die Wahl des Motives ist vorausbestimmt (nacktes Mädchen auf Stuhl).
  • Die Perspektive ist festgelegt (Vogelperspektive oder Froschperspektive).

Der Workshop-Leiter hat einen voraus geplanten Lichtverlauf bereits entweder selber eingemessen, oder durch die Schüler herstellen lassen, und somit die Verteilung von Licht und Schatten fixiert. Üblicherweise werden vor dem Shooting zum Beispiel auch Lichttemperatur, Lichtformer, grundsätzlicher Charakter der Fotos als Halbportrait oder Detailaufnahme, Belichtungskorrektur, s/w oder Color-Aufnahme und auch die weiteren Einstellungen wie Blende und Belichtungszeit, passend zu den Studioblitzen, abgestimmt und festgelegt.

Dies zugrunde gelegt, wäre an und für sich die Leistung des Schülers die rein handwerkliche Abbildung des in Szene gesetzten nackten Models auf dem Stuhl. Es würde sich hier um den Bereich der sogenannten Gegenstandsfotografie handeln, auch wenn es sich um ein menschliches Wesen handelt, welche in der Regel darauf abzielt, die Vorlage möglichst unverändert, naturgetreu wieder zu geben, auch durch ein durchschnittliches Amateurfoto.

Darüber hinaus habe ich kennen gelernt, dass sogar nicht nur vorbesprochen und der Teilnehmer beim Shooting begleitet wurde, sondern die angefertigten Fotos unmittelbar nach dem Fotografieren oder zum Schluss des praktischen Teils auch nachbesprochen wurden. Dort wurden die von dem Schüler und Teilnehmer angefertigten Fotodateien auf einen Fotorechner überspielt, und zwischen der Workshop-Leitung und dem Teilnehmer beziehungsweise allen Teilnehmern eine Besprechung zu den einzelnen Fotos durchgeführt.

Anlässlich der Besprechung wurden zum Teil der Bildausschnitt, und manchmal auch die Farbe des Fotos in Schwarz-Weiß oder in Color abgeändert.

Das dann entstandene Foto, wiedergebend einen besseren und durch den Schüler noch zu erlernenden Bildausschnitt und eine bestimmte Sichtweise der Farbdarstellung, wurde dann dem Schüler als „besseres“ Ergebnis nahe gelegt. Dem Schüler sollte durch diese Veränderung „seiner“ Arbeit in dem pädagogisch wertvollen „vorher/nachher“ Konzept die von ihm gemachten Fehler veranschaulicht und durch Erlernen einer neue „richtigen“ Sichtweise der Dinge ein Lernziel-Ausgangspunkt für eine verbesserte Fotografier-Technik nahe gebracht werden.

Bei einer solchen Umgestaltung wird erst recht deutlich, dass die Frage berechtigt ist, wer eigentlich Urheber des Fotos, namentlich des „verbesserten Fotos“, ist. Dies gerade dann, wenn die zuvor geschilderte „ Bildbearbeitung“ stattgefunden hat.

Die zuvor geschilderte Situation ist jedoch nicht nur auf Workshops und Fotoschulen begrenzt. Auch im „normalen“ Fotoalltag und bei Berufsfotografen ist die Frage nach der Miturheberschaft von Mitwirkenden zu stellen. Bei jeder Auftragsarbeit, bei der sogar dem Fotografen die Idee zu der Aufnahme mit auf dem Weg gegeben wird, bei dem eine Stylistin das fotografierte Objekt in Szene setzt, eine Visagistin das möglicherweise mit abzulichtende Objekt/Model bearbeitet, bei der weitere Assistenten und Fotografen das Shooting begleiten, Licht ausmessen, zuarbeiten und bei dem im Nachhinein durch wiederum andere Dritte noch eine abschließende Bildbearbeitung stattfindet, stellt sich letztendlich die Frage, wer Urheber des entstandenen und letzten Endes zur Veröffentlichung freigegebenen Fotos ist, oder ob jedenfalls eine Miturheberschaft gegeben ist.

Um die geneigten Leser hier nicht weiter auf die Folter zu spannen kann schon einmal mitgeteilt werden, dass eine Miturheberschaft voraussetzt, das mehrere Mitwirkende gemeinsam ein Werk schaffen und ihre schöpferische Beiträge dabei einen gemeinsamen Plan unterordnen müssen. Die Miturheber müssen also bewusst und zielgerichtet zusammenarbeiten. Ihr Handeln muss nicht gleichzeitig erfolgen. Es kann nachgeordnet sein und hintereinander erfolgen. Die Zusammenarbeit muss aber auf einem gemeinsamen Plan beruhen. Von einer Miturheberschaft kann also dann nur die Rede sein, wenn bei der gewollten gemeinsamen Gestaltung eines Werkes mehrere einen eigenen schöpferischen Beitrag leisten, der auch im Inhalt seinen Niederschlag findet.

Dementsprechend ist davon auszugehen, dass bei aufwendigen Marketing Kampagnen, beziehungsweise zur Vorbereitung derselben, oder bei aufwendigen Fotoproduktionen gerade nicht von einem gemeinsamen Plan auszugehen ist. Letztendlich gibt es hier nur einen, der aus all den Vorgaben einen Plan zur Realisierung erdacht hat, und lediglich zur Unterstützung auf die Tätigkeiten und Hilfeleistungen mehreren Menschen angewiesen ist.

Eine Miturheberschaft wäre dann nur möglich, wenn einer der zuvor genannten Gehilfen so intensiv neben dem Fotografen steht, zwischenzeitlich genau wie der Fotograf immer wieder eigene Probeaufnahmen macht, mit dem Fotografen zusammen hinter der Kamera stehend über den Bildaufschnitt diskutiert, so dass es fast unerheblich ist, wer am Abschluss dieser Arbeit auf den Auslöser drückt.

An einem solchen gemeinsamen Pan fehlt es aber regelmäßig in einem Workshop und sicherlich auch auf Seiten des Workshop-Leiters.

Dieser hat gar kein Interesse daran, als Miturheber der Fotos seiner Schüler in der Öffentlichkeit genannt zu werden. Im Rahmen der Modelfotografie ist es so, das jedenfalls die guten Models auch bereits darunter leiden, dass sie von jedem, der bereit ist eine gewisse Summe zu zahlen, ohne Widerrede und Widerspruch dazu verdammt sind, jegliches Foto aus dem Shooting zur Veröffentlichung frei zu geben. Wer also einen Fotografen beauftragt oder anregt bestimmte Aufnahmen zu machen wird dadurch nicht zum Urheber. Nichts anderes ist das Vorbereiten, Ausloben, Durchführen, in Theorie und Praxis eines themenbezogenen Workshops.

Mithin kann man getrost zu dem Ergebnis kommen, auch wenn der Eindruck zunächst ein anderer war, dass jeder Fotoworkshop-Teilnehmer alleiniger Urheber seiner dort gefertigten Fotos ist und bleibt. Eine Miturheberschaft, auch nicht durch die in der Nachbesprechung erfolgte Veränderung von Bildern oder gar Bildbearbeitung, steht dem nicht entgegen. Der Lehrzweck steht hier klar im Vordergrund, nicht ein gemeinsamer schöpferischer Akt.

Mein Workshop-Foto gehört also alleine mir!

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