Revenge Porn – oder die Rache des Ex
Aufgrund einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 13.10.2015 ( VI ZR 271/14 ) ist das Thema Revenge Porn wieder aktuell geworden.
In der heutigen digitalisierten und über PC, Laptop, Tablet, Smartphone und Internet verbundenen Welt stellt das „Verfahren des Revenge Porn“ ein vermeintlich probates Mittel dar, sich an dem Ex/der Ex für alles das, was in der Beziehung falsch gelaufen ist, insbesondere die ungerechte Beendigung der Beziehung (möglicherweise auch noch wegen einer dritten Person), zu rächen.
Mit der oben angeführten Entscheidung hat der BGH nunmehr rechtskräftig festgestellt, das dererlei Verhalten letztendlich rechtswidrig und durch Löschungs-, Unterlassens- und Schadenersatzansprüchen im Bereich des Zivilrechts persönlichkeitsschützend ist. Soweit die Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland.
Aber dies gilt nicht überall auf der Welt.
Zum Beispiel gibt es in den USA lediglich 17 Staaten (nach dem Wissen des Verfassers), in dem es strafbar ist, gegen den Willen des Ex/der Ex intime Fotos im Internet hochzuladen.
Dort muss man versuchen, nachdem man überhaupt erst einmal Kenntnis von dem geschehenen Revenge Porn erhalten hat, durch ein sogenanntes „notice and take down“ Verfahren sich mit dem Netzbetreiber auseinander zu setzen, in der Hoffnung, dass dieser dann eine Eingebung hat, und dem eigenen Begehren folgt.
In verschiedenen Beiträgen war hier im Blog bereits darauf hingewiesen worden, was mittlerweile auch allseits bekannt sein dürfte, das aufgrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof gegenüber den Netzbetreiber beziehungsweise Betreibern von Suchmaschinen das sogenannte Recht auf „Vergessen“ besteht.
Hierüber kann man jedenfalls in der BRD versuchen, und Google wird sich auch daran halten, dass die entsprechenden Fotos nicht mehr über die Suchmaschine aufgefunden werden können.
Die Besonderheit der o.a. Entscheidung des Bundesgerichtshofs lag aber darin, dass neben dem im § 22 KUG festgelegten Recht am eigenen Bild auch ein Löschungsanspruch beziehungsweise Unterlassungsanspruch bestehen kann direkt aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrechtsrecht, welches grundgesetzlich geregelt und geschützt ist.
Nach § 22 KUG können Bildnisse von Personen ohne deren Einwilligung nicht veröffentlicht werden.
In dem entschiedenen Fall war die Besonderheit die, dass es keine veröffentlichten Dateien oder Fotos (mehr) gab.
Hier hatte ein Profifotograf von seiner Geliebten, die zu ihm eine außereheliche Liebesbeziehung unterhielt, Fotos mit deren Einwilligung erstellt, auf denen sie teilweise bekleidet und teilweise unbekleidet war, sowie die spätere Klägerin vortrug, und sie auch während und nach dem Geschlechtsverkehr mit dem Profifotografen zeigte.
Filmaufnahmen waren ebenfalls angefertigt worden. Teilweise hatte die Klägerin intime Fotos auch von sich selber erstellt, und dem Beklagten in digitalisierter Form (per mms) überlassen.
Andere Bildnisse, Fotos und Fotografien die der beklagte Fotograf von der Klägerin besaß und sie in alltäglicher Umgebungen und bei allgemeinen Handlungen insbesondere angezogen darstellte, waren hier in dem Rechtsstreit nicht weiter von Bedeutung, da sie ohne intimen Bezug waren, und der EX solche Fotos besitzen darf.
Die Frage war, ob und wieweit eine Löschung aller digitaler Medien mit den Intimaufnahmen der Klägerin verlangt werden konnte.
Zu Ehrenrettung der deutschen Gerichte muss gesagt werden, dass bereits das Landgericht, als hiesige Eingangsinstanz, den beklagten Fotografen zu Recht verurteil hatte, das er es zu unterlassen hat, die die Klägerin zeigende intimen Lichtbilder und Filmaufnahmen ohne deren Einwilligung Dritten und oder öffentlich zugängig zu machen, oder machen zu lassen.
Ebenfalls war der Beklagte bereits erstinstanzlich zur Löschung aller in seinem Besitz befindliche elektronische Vervielfältigungsstücke von die Klägerin zeigende Fotos, Bildern und Filmaufnahmen verurteilt worden.
Weiter war er verurteilt worden, sich in seinem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz befindliche elektronische Vervielfältigungstücke von die Klägerin zeigende Lichtbilder und/oder Filmaufnahmen, auf denen sie im unbekleideten Zustand, im teilweise unbekleideten Zustand, soweit der Intimbereich der Klägerin ( Brust oder Geschlechtsteil ) zu sehen ist, die Klägerin ganz oder teilweise mit Unterwäsche bekleidet war, sie vor, während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr abgebildet war, vollständig zu löschen.
Erstmalig wurde hier durch den Bundesgerichtshof die Situation abgeurteilt in der alleine schon der Besitz von Nacktaufnahmen, hier von Intimaufnahmen gegen den Willen des Abgebildeten, zu einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrecht führt. Das aus dem Grundgesetz folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt mit der Privat- und Intimsphäre des Einzelnen auch die Aspekte des privaten Geschlechtslebens und das jeweilige eigene Interesse, dieses nicht offenbaren zu müssen. Der Schutz der privaten Intimsphäre umfasst Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsgehaltes typischer Weise als „privat“ eingestuft werden, insbesondere weil ihre öffentliche Erörterungen oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, dass Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst, wie es gerade auch im Bereich der Sexualität der Fall ist. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt mit dem Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre spezifisch auch die geschlechtliche Beziehung zu einem Partner, insbesondere den Umstand, sie gerade nicht offenbaren zu müssen, sondern selber darüber empfinden zu dürfen, ob und in welcher Form und wem Einblick in die Intimsphäre und das eigene Geschlechtsleben gewährt wird. Das Gericht urteilte weiter, dass alleine schon die „Herrschaft“ des Profifotografen über die intimen Aufnahmen gegen den Willen der Ex-Geliebten den zuvor beschriebenen Kernbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuzuordnen ist. Wer nämlich Bildaufnahmen oder Fotografien die einen anderen darstellen erlangt, hat alleine durch den Besitz eine gewisse Herrschaft- und Manipulationsmacht über den Abgebildeten. Selbst wenn eine Verbreitung oder Weitergabe an Dritte nicht beabsichtigt oder untersagt ist.
Diese Macht ist umso größer, als die Aufnahmen eine vollständige Entblößung des gänzlich Privaten im Zusammenhang mit gelebter Sexualität zeigen. Diese Entblößung wird von dem Abgebildeten regelmäßig als peinlich und beschämend empfunden, wenn sich der Zusammenhang der Entstehung, wie hier durch Beendigung der Beziehung, geändert hat.
Die zur Anregung des vormals gemeinsamen Sexuallebens erbrachte Entblößung wird nach dem Ende der Beziehung als demütigend wahrgenommen, wenn das gemeinsame Leben entfällt, die Nacktheit aber dauerhaft sichtbar bleibt, und wenn das aktive Subjekt gegen seinen Willen zum reinen Objekt des Bildbetrachters wird. Hier war es so, dass die Klägerin eine gegen ihren Willen fortbestehende Verfügungsmacht des professionellen Fotograf, dem Ex-Geliebten, über die Aufnahmen, die die Öffnung ihrer Intimsphäre sichtbar festschrieben, ausgeliefert war, und einer Fremdbestimmung unterwarf, der sie im unantastbarer Kernbereich ihrer Persönlichkeit verletzte.
So die Ausführung des Bundesgerichtshofs.
Fazit
Wie bereits in anderen Beiträgen im Fotorecht besprochen, ist auch hier durch die neue Entscheidung des Bundesgerichtshof darauf abzustellen, dass selbst wenn einmal die Einwilligung zur Anfertigung eines Bildnisses und zu dessen Veröffentlichung gegeben worden ist, die Einwilligung im Nachhinein wegfallen kann, und so eine „Trotzdem–Veröffentlichung“ oder auch nur ein „zur jederzeitigen Betrachtung vorhaltender Besitz“ unstatthaft und somit rechtswidrig ist.
Darüber hinaus sind Bildnissen und Fotografien aus dem Intim- und Privatbereich, so sie insbesondere das Sexualleben betreffen, nach Beendigung der Beziehung unaufgefordert am bestens sofort zu löschen oder herauszugeben.
Es besteht kein Recht diese nach Beendigung einer Beziehung behalten zu dürfen.
So wie nach dem Ende einer Liebesbeziehung auch die anderen Haushaltsgegenstände und sonstigen Privatsachen dem anderen heraus zugeben sind, so liegt es auch im Falle seinerzeit mit Billigung angefertigter Intimfotos.
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