Die Ausnahmen des § 23 Abs. 1 KUG – Teil II

Written by Tilo Marzotko

Rechtsanwalt & Gast-Autor auf eckgolds-fotoecke.de

4. Mai 2016

Die weiteren Ausnahmen nach § 23, Abs. 1 KUG

Nachdem im vorangegangenen Beitrag (Die Ausnahmen des § 23 Abs.1 KUG – Teil I) klargestellt wurde, dass der Anspruch eines jeden an seinem Recht am eigenen Bild es im Grunde zwingend erforderlich macht, vor einer Veröffentlichung von Bildnissen, die Einwilligung der Person einzuholen, egal ob Normalbürger oder Promi, setzt § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG eine weitere Ausnahme, indem er vorschreibt, dass Bilder, auf denen die Person nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheint, einwilligungsfrei zur Veröffentlichung freigegeben sind (unter dem Vorbehalt des § 23 Abs. 2 KUG).

Voraussetzung ist insoweit, dass eine Person auf dem Bild zum Beispiel vor einem Bergpanorama überhaupt erkennbar ist, und die Aufmerksamkeit des Betrachters nicht auf diese Person, sondern auch das Bergpanorama trifft. Das einwilligungsfreie Verbreiten eines solchen Fotos ist nur dann gegeben, wenn die abgebildete Person überhaupt nichts mit dem Motiv, mit dem Eindruck oder Ausdruck, also mit alldem, was mit dem Foto zum Ausdruck gebracht werden soll, nichts zu tun hat. Nur dann gilt die Person als Beiwerk und rechtfertigt eine einwilligungsfreie Veröffentlichung.

So hatte das Landgericht München I in seinem Urteil vom 21.07.2005 (Aktenzeichen 7 O 4742/05) einem homosexuellen Mann Recht gegeben, der am Rande des Christopher-Street-Days in Würzburg beim Küssen mit seinem Partner abgelichtet worden war. Da hier die beiden sich küssenden Männer im Vordergrund standen, losgelöst von dem Umzug als solchen, war die Berichterstattung und das Anfertigen von Fotos und die spätere Veröffentlichung der Fotos einwilligungsfrei nicht möglich.

Hier konnte man die Person eben nicht hinweg denken, ohne dass sich der Titel, das Thema, das Ziel der Berichterstattung verändert hätte.

Mithin lag kein (Personen-)Beiwerk mehr vor.

Auch wurde auch einmal durch das OLG Oldenburg mit Urteil vom 04.11.1988 (Aktenzeichen 13 U 72/88) entschieden, dass Fotos von Sonnenbadenden auf einem Mittelmeerfoto kein Beiwerk mehr seien, wenn das Motiv weitgehend nur einen Strandabschnitt, eben mit den Sonnenbadenden zeige (OLG Oldenburg AFP 1989 556; NJW 1989, 400).

Auch eine Gruppe von Radfahrern und Wanderern waren nach der Rechtsprechung ebenfalls des LG Oldenburg und des OLG Frankfurt nicht nur Beiwerk (vergl. LG Oldenburg, Beschluss vom 23.01.1986 -5 O 3667/85- „DKP-Plakat“; OLG Frankfurt vom 28.02.1986 -6 U 30/85 – „Ferienprospekt“).

Eine weitere Ausnahme bildet § 23, Abs. 1 Nr. 3 KUG.

Hiernach sind Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben, einwilligungsfrei zu veröffentlichen.

Hintergrund dieser Regelung war und ist, dass praktischerweise von kaum einem Fotografen verlangt werden kann, wenn er denn eine Vielzahl von Menschen innerhalb einer Ansammlung fotografiert, von jedem einzelnen eine Einwilligung zu holen, bevor er das Foto anfertigt, soweit er es veröffentlichen will.

Voraussetzung der einwilligungsfreien Veröffentlichung ist jedoch, dass eine Versammlung überhaupt vorliegt.

Unter Versammlung verstehen wir hier insoweit die Ansammlung von Menschen, die einen gemeinsamen Willen haben, etwas gemeinsam zu tun. Zu unterscheiden ist die Versammlung von der zufälligen Ansammlung.

Unter dem Begriff der zufälligen Ansammlung sind die bereits im Beitrag weiter oben genannten „sonnenbadenden Nackten“ im Englischen Garten angesehen worden. Diese hatten keinen kollektiven Willen. Sie wollten nicht gemeinsam etwas zusammen tun, jeder für sich war dort, und wollte lediglich „oben ohne“ oder ganz nackt sonnenbaden (vergl. OLG München 13.11.1987, NJW 1988, 915, 916; sowie BGH 22.11.1987 –VI ZR 341/87-).

Von diesem Verständnis einer Versammlung ausgehend muss bei diesen einwilligungsfreien Fotos, welches wir fertigen, im Vordergrund stehen, die Veranstaltung und eine charakteristische Abbildung derselben und nicht die Betonung und Fokussierung auf einzelne Teilnehmer.

Wenn allerdings Personen im Vordergrund stehen, bei einer Veranstaltung, über die wir berichten wollen, ist dies insoweit in Ordnung, als dass sie das Erscheinungsbild der Veranstaltung prägen, dieses wiedergeben oder das Thema wunderbar verkörpern (Alemannische Fastnacht, Fußballfans im Stadion etc.) Solange wir keine Porträtaufnahme anfertigen und der Event im Vordergrund steht, ist unter Berücksichtigung des § 23 Abs. 2 KUG ( der berechtigten Interessen des Abgebildeten ) eine einwilligungsfreie Veröffentlichung möglich, solange die Versammlung in der Öffentlichkeit stattfindet. Öffentlich heißt hier insoweit, als dass die Veranstaltung öffentlich, das heißt für jedermann zugänglich sein muss.

Geschehnisse am Rande (s.o. Fotografieren der sich küssenden Männer am Rande des Christopher-Street-Day) fallen nicht unter diesen Ausnahmetatbestand.

Vor diesem Hintergrund sind sicherlich Demonstrationen, Karnevalsumzüge, Tagungen und größere Sportveranstaltungen öffentliche Veranstaltungen, die ich dokumentieren darf, auch wenn Personen dabei abgelichtet werden. Zur Achtung ist aufzurufen, wenn es um Feierlichkeiten geht, die in einem gewissen Grenzbereich liegen, wie Hochzeiten, Beerdigungen, Trauerfeien, Konfirmationen, Großgeburtstage etc. Aber auch hier kommen wir mit den oben aufgestellten allgemeinen Regeln zu dem richtigen Ergebnis, und zwar ohne Schwierigkeiten.

Am Rande sei angemerkt, dass zum Beispiel bei dem Fotografieren von Demonstrationen Polizeibeamte, die mit abgelichtet werden, kein besonderes Schutzrecht haben. Auch sie dürfen während ihrer Arbeit „einwilligungsfrei fotografiert und veröffentlicht werden“, solange nicht der einzelne Polizist im Rahmen einer Porträtaufnahme herausgepickt, sondern über die Demonstration als Veranstaltung insgesamt fotografisch berichtet wird.

Die letzte Ausnahme des § 23 KUG besagt, dass Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung und die Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient, nicht der Einwilligung bedürfen (vergl. § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG).

Hierunter fallen alle Veröffentlichungen zum Zwecke der Kunst. In der Rechtsprechung der deutschen Gerichte ist hier eine seltsame Zurückhaltung zu sehen. Es gibt kaum einen Fall, der hier entschieden worden ist. Wegen dieser mangelnden Relevanz wird auf eine weitere Kommentierung an dieser Stelle auch verzichtet. Abschließend sei in diesem Zusammenhang noch auf die Entscheidung des OLG München vom 19.09.1996 – 6 U 6247/95 – hingewiesen.

Hier hatte das OLG München die Abbildung eines sogenannten Schwarzen Scheriffs für zulässig gehalten, da die Bildwirkung des Fotos an sich einschließlich der Umstände des Einzelfalles für eine künstlerische Gestaltung gehalten worden ist.

Fazit: 1. Am besten immer eine Einwilligung in Schriftform haben, sodann 2. Veröffentlichen.

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