Panoramafreiheit – einige Gedanken dazu…
Das Fotografieren von Sachen, also von Tieren, Pflanzen und Naturlandschaften und von sonstigen Gegenständen wie Booten, Schiffen, Gebäuden, Straßen, Plätze, usw. ist das Herstellen von sogenannten Sachaufnahmen. Diese Herstellung von Sachaufnahmen ist im Lichte des Urhebergesetzes (unter freiem Himmel) zulässig, und zwar ohne Zustimmung des jeweiligen Eigentümers.
Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn diese Sachen und Gegenstände designte Werke sind, denn dann sind sie wiederum urheberrechtlich geschützt.
Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn bestimmte Dinge und Sachen eine sogenannte gewisse Schöpfungshöhe erreicht haben. Diese Schöpfungshöhe ist grundsätzlich gegeben, und auch für jeden ersichtlich, bei sogenannten Kunstwerken wie Gemäldeskulpturen künstlerischen Installationen etc. Aber auch bei Bauwerken und anderen, mit einen gewissen Design versehenen Sachen, kann man diese Schöpfungshöhe finden, denn dort hat sich regelmäßig ein Baumeister, Bildhauer, Künstler, Modeschöpfer, oder auch ein Architekt vor Erstellung des Werkes seine eigenen Gedanken und Pläne gemacht, wie alles denn aussehen soll.
Die Fotografische Abbildung eines solchen urheberrechtlich geschützten Werkes ist stets eine Vervielfältigung im Sinne des Urhebergesetzes und bedarf somit der Zustimmung ( = Erlaubnis vor Veröffentlichung) durch den Rechtsinhaber, regelmäßig den Schöpfer des Werkes.
In unserer heutigen Welt trifft man jedoch beim normalen Spaziergang durch eine Innenstadt zum Beispiel immer wieder auf mittlerweile urheberrechtlich geschützte Werke, da sie eine gewisse Schöpfungshöhe, wie es die Rechtsprechung nennt, erreicht haben. Selbst Gebrauchsgegenstände wie Möbel, Kleidung, Landkarten Stadtpläne, Baupläne, Gartenanlage, Statuen, Gemälden, Installationsskulpturen, Kleider und Schuhe sind Werke, weil sich jemand tagelang Gedanken über deren Erscheinungsbild gemacht hat. Die designten Gegenstände sind der Ausdruck, die Vergegenständlichung, seines geistiges Werkes. Damit ist er der Urheber. Seine Werke sind geschützt. Fotografien von Ihnen sind Vervielfältigungen des Originals und bedürfen vor der Veröffentlichung durch den Fotografen der Zustimmung des Rechteinhabers.
Das muss nicht immer der Künstler, Architekt, usw. selber sein. Man kann auch Rechte verkaufen, jedenfalls das Recht Werke zu nutzen. Über das Ob, Wann, Wie, Wielange, usw. ergibt sich dann aus dem Inhalt der jeweiligen Nutzungsverträge.
Dies bedeutet für den normalen Fotografen, wenn er durch die sogenannte Stadtmitte seiner Stadt läuft und dort Fotos anfertigt, dass er im Grunde andauernd im Sinne des KunstUrhG Vervielfältigung von urhebergeschützten Werken vornimmt. Diese bedürfen an und für sich bereits bei der Aufnahme und nicht erst später bei der Verbreitung der Zustimmung des Urheberrechtsinhabers vom Eigentümer. Diesem Konflikt sehend, ist im § 59 UrhG geregelt, dass Sachfotografien unter freiem Himmel angefertigt werden können von Werken, die sich bleibend an öffentlichen Wegen und Straßen und Plätzen befinden.
Hierunter versteht man die sogenannte Panoramafreiheit.
Das Recht am geistigen Eigentum welches sich vergegenständlicht hat in den Gebäuden, Springbrunnen, Parkanlagen, Spielplätzen usw., wenn man einmal eine Häuserzeile in der Fußgängerzone entlang schaut, steht in einem ständigen Konflikt zu dem Recht des Fotografen auf öffentlichen Wegen und Plätzen, und somit tatbestandlich unter freiem Himmel, zu fotografieren. Beide Rechte sind letztendlich grundgesetzlich geschützt.
Um einen Ausweg aus diesem Dilemma bei sich widerstreitender grundgesetzlich geschützter Rechte zu finden, regelt §59 UrhG, die Freiheit des Fotografen, das Straßenbild als Teil der Realität wiedergeben zu dürfen, ohne sich der vorherige Zustimmung des Eigentümers/ Urheberrechtsinhabers der sich in seinem Sucher befindlichen möglicherweise (designten) Objekte versichern zu müssen. Solche Fotos dürfen zustimmungsfrei veröffentlicht werden. § 59 UrhG stellt somit eine Beschränkung des an und für sich geschützten Rechts frei über die Verwendung und Nutzung seines eigenen Werkes zu bestimmen dar.
Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Panoramafreiheit, also der Freiheit unter freiem Himmel frei zu fotografieren, ist jedoch, dass insbesondere ohne den Einsatz von Hilfsmitteln vom öffentlichen Grund aus fotografiert wird.
Der Bundesgerichtshof hat in einer seiner Entscheidungen aus dem Jahre 2004 es als rechtswidrig betrachtet, dass ein Fotograf von dem Wiener Hundertwasserhaus aus erhöhter Perspektive, nämlich aus den gegenüber liegenden Privathaus, ein Foto anfertigte, und dies ohne Zustimmung des Künstlers anschließend als Poster vertrieben hat.
Anzumerken ist, um klarzustellen, dass die Freiheit unter freien Himmel und an öffentlichen Orten zu fotografieren, an Sachen, sich nur auf die äußere Ansicht eines Bauwerkes bezieht. Soweit es um Innenhöfe, Treppenhäuser oder gar Zimmerräume oder sonstigen zu einer Wohnung gehörigen Teile oder gegen Einsicht besonders geschützte Bereiche gilt, bedarf es hier wiederum einer besondere Erlaubnis.
Es dürfen somit zum Beispiel keine Erhöhungen, keine künstlichen Podesten und Leitern verwendet werden. Auch das Fotografieren aus Hubschraubern, Heißluftballons oder mit Drohnen über Zäune oder andere Schutzvorkehrungen hinweg, wird vom §59 UrhG und der Panoramafreiheit nicht gedeckt. Umstritten ist heute noch zum Beispiel die Problematik, ob man von frei begehbaren Privatgrundstücken aus, beispielsweise von frei zugängigen Privatwegen aus, eine im Eigentum stehende freizugängige Gartenanlage fotografieren darf. Die wohl herrschende Meinung in der Rechtsprechung und Literatur bezeichnet hier auch die frei zugänglichen Privatwege als öffentliche Wege, da sie dem Gemeingebrauch gewidmet sind.
Dementsprechend bezieht sich z.B. auch der Ausdruck einer „Privatstraße“ meistens nur darauf, dass hier möglicherweise die öffentlich-rechtlichen Straßenverkehrsvorschriften nicht gelten, und die Kommune z.B. von ihrer Straßenreinigungs- und Versorgungsverpflichtung befreit ist.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine Entscheidung des Landesgericht Frankenthal hinweisen, welches wohl im Jahre 2005 über die Künstlergärten in Weimar entsprechend entschieden hat. Die frei zugänglichen Wege sind öffentliche Wege, und somit ist ein Fotografieren von diesen aus zu den Gärten hin, als rechtmäßig und über die Panoramafreiheit gedeckt, angesehen worden.
Eine weitere Voraussetzungen für die Panoramafreiheit ist aber auch, dass sich das auf dem Foto abgebildete Werk bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen und Plätzen befinden muss. Eine befristet aufgestellte (zum Beispiel Weihnachts-) Installation, Plastik oder Skulptur wird von der Panoramafreiheit nicht erfasst. Soweit hatte es der Bundesgerichtshof bei der allseits bekannten Verhüllung des Reichstages durch das Künstlerehepaar Christo und Jeanne-Claude als rechtswidrig angesehen, dass von dem verhüllten Reichstag Fotografien im professionellen Bereich angefertigt und von diesen Fotos anschließend Postkarten hergestellt und vertrieben wurden. Der Bundesgerichtshof hat hier dem Künstler Ehepaar Recht gegeben, und den nicht autorisierten Vertrieb dieser Sachfotos als rechtswidrig erklärt.
Weiter kann es für einen Fotografen von Sachfotos und Werken kritisch werden, wenn er einmal in der Lage kommt, dass er auf ein verändertes Werk auf einen öffentlichen Platz trifft. Das sogenannte Hohlbeinpferdchen, welches auf der Freiburger Straße in Mannheim ausgestellt war, war von unbekannten Dritten durch Bemalung und sonstige Umgestaltung erheblich verändert worden. Ein Fotograf, der von diesem Werk ein Foto erstellte, und anschließend die Fotografien veröffentlichte, wurde vom Landgericht Mannheim zur Unterlassung verpflichtet, da er eine Urheberverletzung begangen hat, indem er (nicht nur zum Zwecke der reinen Berichterstattung) durch die Vervielfältigung und den Vertrieb an der Änderung mitgewirkt habe.
Zu der Problematik, wann ein Designobjekt ein solches ist, da es sich hier um eine erhöhte Schöpfung handelt, und wann etwas ein unwesentliches Beiwerk ist, soll in einer der nächsten Beiträge erklärt werden.
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